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European Super League: Der misslungene Plan für Spannung im Fußball zu sorgen

„Der letzte Sargnagel für den Gedanken, dass man sich darauf verlassen kann, dass der Fußball sich reguliert.“ Das sagt Kevin Miles, Vorsitzender der Fan-Vereinigung „The Footballs Supporters‘ Federation“ zum Streben der Vereine, immer mehr zu erreichen – auch finanziell. Konkret wird das an einer möglichen europäischen Super-Liga, der European Super League. Eine fünf Milliarden Euro Idee, die die häufige Langeweile in den nationalen Meisterschaften beseitigen und das Beste zeigen soll, was der europäische Fußball zu bieten hat.


Ein Kommentar von Jannik Endrich Duarte (Gastautor der Universität Tübingen)


© Foto: Adobe Stock – areebarbar


Das Konzept der Super League ist einfach: Eine beinahe geschlossene Liga – ähnlich dem amerikanischen Franchise-Modell – der Superreichen. Nach den neuesten Informationen sollen 18 Clubs in einem Ligamodell um den Titel kämpfen. Berichten zufolge führen die englischen Spitzenklubs Manchester United und der FC Liverpool bereits sehr konkrete Gespräche über eine Teilnahme. Weitere Teilnehmer sollen die spanischen Spitzenteams FC Barcelona, Atletico Madrid und Real Madrid sowie die nationalen Serienmeister FC Bayern München (Deutschland), Juventus Turin (Italien) und Paris St. Germain (Frankreich) sein.


Dabei ist noch nicht klar, ob die Teams weiter in den nationalen Meisterschaften teilnehmen oder nicht. Fakt ist, dass Teams einer potenziellen Super League nicht mehr in der Champions League spielen werden. Das hat der europäische Dachverband Uefa Anfang 2021 klargemacht. Dadurch wäre die Existenz des hochwertigsten europäischen Wettbewerbs erheblich gefährdet. Eine Champions League – vielleicht noch mit den nationalen Meistern, aber ohne die vermeintlich besten Teams des Kontinents – wäre ein Wettbewerb zweiter Klasse – und würde sich wohl oder übel nicht mehr rentieren. Vor allem finanziell.


Das ist auch der Uefa klar, die gemeinsam mit allen Kontinentalverbänden in einem Statement deutlich machte, dass sie eine Super League nicht anerkennen werde. Des Weiteren drohen die Verbände allen beteiligten Vereinen und Spielern mit einem Ausschluss aus allen Wettbewerben der Fifa und der jeweiligen Konföderationen. Dies wird den Topclubs, die eine Teilnahme in der European Super League planen, wohl herzlich egal sein. Denn durch den angeblichen Investor J. P. Morgan werden die Einnahmen der teilnehmenden Clubs nahezu ins Unermessliche schießen. Die amerikanische Bank soll bereit sein fünf Milliarden Euro jährlich zu investieren. Allein dem Sieger winken eine Milliarde Euro – achtmal mehr als die Prämie der letzten Champions League-Siegers Bayern München. Welcher Verein könnte solchen Summen widerstehen? Vor allem in der aktuellen Corona-Pandemie, in der die Uefa 2020 einen Verlust von 500 Millionen Euro verbuchen musste, der unter anderem wieder bei den Siegprämien eingespart werden muss.


Hinter einer European Super League stecken keine rein sportlichen Interessen. Es geht den Vereinen, die mehr und mehr wie Wirtschaftsunternehmen agieren, schlicht um Geld. Nicht nur die Höhe der Summen ist ein Aspekt, sondern vor allem die Kontinuität, mit der das Geld fließt. Es gibt keine Qualifikation, an der Vereine scheitern könnten. Somit wären eine genauere Planung und langfristige finanzielle Sicherheit möglich.


Die Einnahmen der Clubs aus der European Super League hätten dramatische Folgen für die nationalen Ligen. Man kann sich vorstellen, wie die Bundesliga aussehen würde, wenn die ohnehin schon übermächtigen Bayern nur als Startgeld schon 100 Millionen Euro bekommen, und bis zu 17 Bundesliga-Clubs leer ausgehen. Die einzig logische Schlussfolgerung wäre ein Ausschluss aller Super League-Mannschaften aus dem nationalen Ligabetrieb. Wäre die erste Bundesliga dann also eine Art zweite Liga?


Nimmt man Geldgier und eventuellen Größenwahn beiseite und schaut nur auf das Konzept der Super League, ist auch dieses nicht überzeugend. Auch wenn sich eine Liga bestehend aus den besten Teams verlockend anhört, liegt das Problem genau in diesem System. Wie in den nationalen Ligen werden sich auch in der European Super League die besten Mannschaften mit der Zeit durchsetzen – dank steigender finanzieller Vorteile. Somit wird es in der European Super League viele Spiele geben, die trotz hochkarätiger Mannschaften uninteressant sein werden, da die vermeintlich großen Namen nicht um die vorderen Plätze spielen. Dies ist in einem K.o.-System wie der Champions League anders. Ein einziges schlechtes Spiel kann über Weiterkommen oder Ausscheiden entscheiden. Deshalb können sich oftmals auch vermeintliche Underdogs durchsetzen. Betrachtet man beispielsweise Ajax Amsterdam, die in der Champions League-Saison 2018/19 unter die Top vier gekommen sind, obwohl sie rein von der fußballerischen Klasse auf keinen Fall zu den besten vier Mannschaften Europas gehörten. Eine Leistung, die in ganz Europa Anerkennung fand. In der European Super League dürfte Ajax höchstwahrscheinlich nicht einmal antreten.


Die Kritik an den Super League-Plänen ist groß. Unter den unzähligen Kommentaren empörter Fans im Internet gibt es auch Kritik ehemaliger Spieler, etwa vonseiten des ehemaligen Weltfußballers Luis Figo. Er ist der Meinung, die European Super League werde „den Fußball, den wir kennen, zerstören. Es geht nur um Gier und darum, das Spiel für einige Eliteklubs zu bewahren, und dabei die anderen Klubs und die Ligen zu töten, die die Fans lieben.“


Und vielleicht sind es am Ende sogar die Spieler, die dem Streben ihrer Vereine entgegentreten. Freilich hätte jeder Akteur eines Super League-Vereins am Ende der Karriere finanziell ausgesorgt. Doch mit der Teilnahme an der Super-Liga würde sich jeder Spieler selbst Steine in den Weg legen, könnte, wenn Uefa und Fifa ihre Drohungen wahrmachen, das höchste Ziel eines Fußballers nicht erreichen: Denn dann wäre er von Europa- und vor allem Weltmeisterschaften und den wohl begehrtesten Titeln eines jeden Spielers ausgeschlossen. Das könnte dazu führen, dass sich Fußballer nicht den vermeintlich besten beziehungsweise reichsten Teams anschließen, was das ganze Konzept der Super League ad absurdum führen würde.



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