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American Football: Eine neue Liga kommt nach Europa

Nun ist es fix, die European League of Football, auch ELF genannt, steht in den Startlöchern. Sie liefert das Versprechen von American Football auf internationalem Top-Niveau – und zugleich einige Fragezeichen. Kann sich die ELF von den europaweit vorhandenen nationalen Ligen und Wettbewerben abheben und neben dem Hochglanz-Produkt NFL bestehen? Und schafft sie damit den europäischen Gedanken nach Einigung statt Spaltung?


Von Silas Osswald, Gastbeitag der Universität Tübingen

© Foto: Adobe Stock –.shock


Eine neue Liga kommt nach Europa



Footballbegeisterte kennen es: Sobald der Super Bowl Anfang Februar gespielt ist, fällt die US-Profiliga NFL in einen sportlichen Sommerschlaf. Den Fans bleibt dann nur der Besuch beim Amateursport hierzulande, die Beschäftigung mit dem organisatorischen Rahmenprogramm (Talentbörse, Transferperiode, Saisonvorbereitung) oder eine zähe Football-Pause bis zum Herbst, ehe der Spielbetrieb wieder Fahrt aufnimmt. Doch die Abstinenz des Profifootballs könnte 2021 ein Ende haben. Wieder einmal hat sich eine Investorengruppe zum Ziel gesetzt, eine professionelle Liga zu etablieren.



Die europäische Liga des American Footballs startet voraussichtlich im Sommer 2021 mit acht Teams in ihre erste Saison. Die Liga hat ihren Hauptsitz in Hamburg, ihre Teams kommen aus Berlin, Hannover/Hildesheim, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Ingolstadt sowie aus Wroclaw (Polen) und Barcelona (Spanien). Ziel der Liga ist es, in den folgenden zwei bis vier Jahren auf rund 20 Teams aus zehn verschiedenen Ländern aufzustocken. Die Laufzeit der Saison beträgt vier Monate. Anfangen soll sie im Juni 2021 und enden mit einem finalen „Bowl Game“ Ende September oder Anfang Oktober. Genauere Daten zum Beginn und Finale der Saison wurden noch nicht bekannt gegeben, jedoch zeichnet sich hier bereits ab, dass die Liga, ähnlich wie andere Pilotprojekte in den USA, die NFL-Offseason nutzen wird. Den direkten Konkurrenzkampf mit der übermächtigen NFL scheuen die meisten neuen Ligen.



CEO der ELF ist Zeljko Karajica, Ex-Geschäftsführer der ProSiebenSat1-Gruppe, Präsident der Liga ist Patrick Esume. Esume vertritt durch seine Karriere als Football-Coach in Europa, TV-Moderator und Experte in den Football-Übertragungen von Ran und ProSieben (Maxx) den American Football in Europa wie kein anderer. Als Coach war Esume dabei nicht nur in Europa aktiv, sondern auch in den USA als Positionscoach der Oakland Raiders und der Cleveland Browns. Seine größten Erfolge als Trainer erzielte er jedoch auf dem europäischen Kontinent, wo er insgesamt elf verschiedene Titel mit mehreren Teams holte.


„Das große Ziel, ist der europäische Gedanke, eine wirklich auf hohem Niveau spielende, professionalisierte, europäische Liga zu schaffen“

so Karajica in einem Q&A auf dem ELF-YouTube-Kanal. American Football wurde in den vergangenen Jahren in Europa immer attraktiver und hat mehr und mehr Zuschauer und Fans fasziniert. So sind zum Beispiel die deutschen Zuschauerzahlen des jährlichen NFL-Super Bowls von 2013 bis 2019 um knapp eine Million auf ein Hoch von etwa 1,9 Millionen Zuschauern in 2019 gestiegen (statista.de). Die ELF ist aber nicht die erste Initiative, um eine europäische Football-Liga zu etablieren. 1991 gründete die National Football League (NFL) die NFL-Europe, die 2007 jedoch aus finanziellen Gründen wieder eingestellt wurde. Die NFL wollte sich von da an lieber auf reguläre Spiele außerhalb der USA konzentrieren, wie zum Beispiel die in Europa bekannten NFL London Games. Diesmal arbeitet Europa unter der Leitung von Esume und Karajica in Eigenregie daran, ein Gegenstück zur NFL aufzubauen. Großer Investor dieser Liga ist hierbei Karajicas Firma SEH Sports & Entertainment Holding GmbH, die er mit seinem Bruder Tomislav gegründet hat. Inwiefern die Liga trotz hoher Kosten für Personal, Spielbetrieb und Promotion profitabel werden kann, bleibt abzuwarten. Allzu viele Projekte scheiterten in der Vergangenheit daran, dass ihnen nach kürzester Zeit das Geld ausging.



Die ELF will, wie zuvor die NFL-Europe, nach NFL-Regeln spielen. Dies soll dazu führen, dass eine engere Beziehung zwischen der US-amerikanischen Profiliga und ihrem europäischen Pendant aufgebaut werden kann. Diese regeltechnische Annäherung könnte dazu beitragen, den riesigen Sprung von Europa in die US-Profiliga zu verkleinern, um weitere europäische Talente auf der großen Bühne der NFL unterzubringen. In Europa spielt man bisher nach dem NCAA (National Collegiate Athletic Association) Regelwerk, um den Amateurstatus zu wahren. Dieses wird in den USA im College-Football angewandt. Bestehen bleibt in der ELF jedoch die in der German Football League (GFL) verankerte Regel, die die Anzahl der amerikanischen Spieler in einer Mannschaft limitiert. Laut Vorgaben der nationalen deutschen Liga GFL darf ein Team nur acht Amerikaner im Kader haben und dabei immer nur zwei zeitgleich auf dem Feld. Als Amerikaner gelten hier Spieler mit einer Staatsbürgerschaft aus Ländern, in denen American Football Massensport ist, also Mexiko, USA und Kanada.



Die ELF wird ab Sommer 2021 unabhängig von den anderen europäischen Ligen starten. Sie ersetzt nicht die bestehenden Ligen, da die jeweiligen Mannschaften, die bereits in einer Liga vertreten sind, eine separate Mannschaft extra für die ELF aufstellen müssen. Trotzdem wird es wohl einen Konkurrenzkampf mit den bereits etablierten Ligen geben, weshalb der Start auch für Aufsehen sorgt.

„Nur die Besten schaffen es in das Stuttgarter ELF-Team. Da werden Spieler aus allen Ligen kommen“, sagt Noah Baumann, Runningback der Stuttgarter Scorpions. „Und dann wird die GFL an Qualität verlieren, weil du als Sportler auf der höchsten Ebene Sport machen möchtest.“



Einen Fernsehvertrag mit der ProSiebenSat1-Gruppe hat die Liga für den kommenden Sommer auch zugesagt bekommen, den Karajica wohlmöglich, durch seine Kontakte als früherer Geschäftsführer, für die Liga gewinnen konnte. Wöchentlich sollen ein Live-Spiel und Highlights aller Partien der Woche übertragen werden. Wichtige Voraussetzungen sind damit erfüllt, um einen erfolgreichen Start der Saison zu ermöglichen. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die Liga entwickelt und bei den Fans ankommt. Auch die aktuell anhaltende Pandemie wirft diesbezüglich Fragen auf. Doch soll laut Karajica nach jetzigem Stand die Saison pünktlich und im optimalen Fall auch ohne Beschränkungen diesen Sommer anfangen. Plan B ist, die Saison im schlimmsten Fall um ein Jahr nach hinten zu verschieben. Zudem ist der Blick auch stark darauf gerichtet, ob die ELF ihr Ziel erreichen kann, europäische Teams aus verschiedenen Ländern in einer Liga zu vereinen.


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